Im Interview: der Gugumuck-Hof mit seinen Wiener Schnecken

Aus dem Garten in den Topf – die Gugumuck Schneckenmanufaktur serviert dir österreichische Traditionsküche neu aufbereitet.

Wenn man von Schnecken in der Küche hört, denkt man nicht direkt an das nächste Abendessen. Weinbergschnecken sind höchstens als Delikatessen der gehobenen Küche bekannt. Jedoch verbergen die kleinen gehäusetragenden Tierchen einen ökologischen Vorteil gegenüber herkömmlichem Fleisch, da sie einerseits weniger Platz und Futtermittel benötigen und andererseits klimaschonender gezüchtet werden können. Ebenfalls sind die Weinbergschnecken ein traditionsreiches Gericht der österreichischen Küche und wurden bis ins 20. Jahrhundert von allen Bevölkerungsschichten regelmäßig verzehrt. Seitdem hat der Konsum wieder abgenommen und so haben Schnecken heutzutage keinen Platz mehr in unseren Küchen.

Das österreichische Unternehmen Gugumuck Schneckenmanufaktur hat es sich zur Aufgabe gemacht, Schnecken wieder für den alltäglichen Verzehr schmackhaft zu machen. Als nachhaltige Alternative züchtet das Familienunternehmen selbst und vertreibt sie im eigenen Hofladen und eigenem Bistro. Im Interview mit JOBVERDE.at erzählt uns Andreas Gugumuck, Inhaber der Schneckenmanufaktur,  mehr über die Geschichte der österreichischen Traditionsküche, die nachhaltigen Vorteile einer Schneckenzucht und was Besucher*innen der Manufaktur alles erwartet. Außerdem bekommen wir einen Einblick in das Konzept hinter dem Familienunternehmen und kriegen eine Vorstellung aktueller Jobangebote.

06.04.2023 | Ein Interview von Philipp Schreiner und Hannah Chondros | Bild: OljaSimovic, Getty Images

JOBVERDE.at: In der Wiener Schneckenmanufaktur Gugumuck züchtet ihr Weinbergschnecken. Wie kam es zu dieser Idee?

Andreas hat das Studium der Wirtschaftsinformatik an der TU Wien erfolgreich abgeschlossen und arbeitete fast 10 Jahre als Test- und Projektmanager in der IT-Branche. Dann stolperte er über die frühere Tradition des Schneckenessens in Wien und es war klar: Er hatte die lang gesuchte Alternative für die Landwirtschaft seiner Großmutter Leopoldine gefunden und setzt damit ganz bewusst auf ein Lebensmittel der Zukunft, mit langer Tradition. 2008 startete er als Nebenerwerbsbauer mit extensiven Freilandkulturen für Weinbergschnecken und baute die Marke “Wiener Schnecke” auf. Es folgten eine rasche Etablierung in der Spitzengastronomie und enormes mediales Echo. 2010 gab Andreas seinen Beruf als IT-Manager auf und übernahm den Gugumuck-Hof der Familie. 2014 folgte die Gründung der Wiener Schneckenmanufaktur mit Hof-Bistro und Hofladen.
Auch heute noch lebt die Familie Gugumuck als Mehrgenerationen-Familie am Hof zusammen.


Die Gugumuck Schneckenmanufaktur lädt die Besucher*innen zum Essen und Lernen ein (Bild: Gugumuck Schneckenmanufaktur).

Was macht Schnecken und speziell Weinbergschnecken als Nahrungsmittel besonders? 

Schnecken sind eine Delikatesse und ein hochwertiger Eiweißlieferant. Schnecken benötigen 85 % weniger Futtermittel als Rinder, um 1 Kilogramm Muskelfleisch zu erzeugen und besitzen noch dazu doppelt so viel Eiweißgehalt wie Rindfleisch. Im Gegensatz zur herkömmlichen Fleischproduktion wachsen Schnecken viel ressourcenschonender auf. Durch den Wegfall von Gülle, weniger Treibhausgase und einen geringeren Wasser- und Flächenverbrauch sind sie eine umwelt- und klimaschonende Alternative zur konventionellen Fleischproduktion.

Ihr werdet bestimmt immer wieder mit Vorurteilen gegenüber Schnecken konfrontiert. Welches Vorurteil möchtest du gerne widerlegen?
Für viele gilt das Motto: “Schnecken haben in der Küche nichts zu suchen.” Wir wollen mit unseren Produkten und Angeboten diese Vorurteile entkräften. Kaum weiß es heute noch wer, doch Weinbergschnecken waren bis in die Anfänge des 20. Jahrhunderts in der österreichischen Küche eine weit verbreitete Spezialität. Der Weinbergschnecke wurde in vielen Kochbüchern gebührend Platz und Ehre erwiesen. Ein berühmtes Beispiel ist das berühmte Kochbuch “Die Süddeutsche Küche” (1858) von Katharina Prato (Edle von Scheiger) oder jenes von Olga und Adolf Hess über die Wiener Küche. Viele dieser Rezepte sind heute noch erhalten.
Ab dem 18. Jahrhundert war Wien die Schneckenhochburg schlechthin. Man entdeckte die anregende Wirkung von Weinbergschnecken und das Schneckenessen kam wieder in Mode. Mit dieser Stilisierung fand gleichzeitig eine Abgrenzung zur Schnecke als Arme-Leute-Essen und Fastenspeise statt. In Wien gab es sogar einen eigenen Schneckenmarkt. Er befand sich in der Gegend des heutigen Jungferngasserl hinter der St. Peters Kirche, im ersten Wiener Gemeindebezirk. Dort wurden die Schnecken von sogenannten “Schneckenweibern” als Imbiss gekocht und gezuckert, gebacken oder auch in Speck gebraten zu Weinkraut angeboten. Gleich daneben befand sich ein traditionelles Schneckenbierhaus (1787). Wie man sieht haben Schnecken also eine lange kulinarische Tradition und wir wollen sie wieder als Delikatesse auf die Teller der Menschen zurück bringen! Mit unserem Schneckenfestival Ende September vor Weihnachten und zur Fastenzeit vor Ostern lassen wir diese Tradition mit den besten Restaurants des Landes hochleben. Jede*r Spitzenkoch*köchin lässt sich dabei ein ganz besonderes Gericht mit unseren Wiener Schnecken einfallen und präsentiert dieses auf seiner Speisekarte.


Die Zucht der Weinbergschnecken ist ökologisch nachhaltig und zukunftsorientiert (Bild: Gugumuck Schneckenmanufaktur).

Euer Hof ist nach dem Konzept der urbanen Landwirtschaft aufgebaut. Könntest du uns erklären, was das genau heißt?
Neue Konzepte der urbanen Landwirtschaft können die Umwelt wesentlich entlasten. Am Gugumuck-Hof nehmen wir mit unserer Weinbergschnecken-Zucht eine Vorreiterrolle ein. Im Gegensatz zur herkömmlichen Fleischproduktion wachsen Schnecken ressourcenschonender auf. Durch den Wegfall von Kraftfuttermittel und Gülle, weniger Treibhausgasen und einem geringeren Wasser- und Flächenverbrauch, sind sie eine umwelt- und klimaschonende Alternative zur konventionellen Fleischproduktion. Wir unterstützen Slow Food und sind mit unserer Schneckenzucht ein Arche des Geschmacks.

Neben eurem Schneckenfeld baut ihr gerade zusätzlich den Future Garden Schaugarten auf, welcher verschiedene Konzepte der urbanen Landwirtschaft veranschaulichen soll. Wie und über welche Themen wollt ihr genau informieren?
Auf Basis von ernährungswissenschaftlichen Erkenntnissen konzentrieren wir uns auf für den Menschen “artgerechte” Lebensmittel, mit bestimmten Wirkmechanismen. Das Konzept ist vom Gedanken einer sparsameren und effektiveren Nutzung unserer begrenzten natürlichen Ressourcen geprägt. Um diese zu veranschaulichen, entsteht neben unserem Schneckenfeld ein Schaugarten mit den Teilbereichen “Ausdauernder Garten”, “Pilzgarten” und “Waldgarten” nach ökologischen Gestaltungsprinzipien.
Der Future Garden Schaugarten – ein nachhaltiges, produktives Ökosystem mit Fokus auf eine “artgerechte” Ernährung für den Menschen – soll Besucher*innen u.a. veranschaulichen:

  • Was ist “artgerechte Nahrung” für den Menschen?
  • Was ist “Ausdauerndes Gemüse” und welche noch unbekannten Nahrungsmittel gibt es?
  • Wie und womit kann ein nachhaltiger, produktiver Garten gestaltet sein?

Als Basis dienen uns wissenschaftliche Erkenntnisse, wie sie im Wirkkochbuch zusammengefasst sind. Wir sind überzeugt, dass ausdauernde Pflanzen, Pilze, Schnecken und Insekten zu den Nahrungsmitteln der Zukunft zählen. Aus ökologischer, physiologischer und wissenschaftlicher Sicht. Der Future Garden bietet Raum, diese Art der Nahrung in diverser Form zur Verfügung zu stellen undsetzt somit neben dem Fokus auf eine “artgerechte” Ernährung für den Menschen, ebenso auf eine ökologische und nachhaltige, dem Klima sowie der Landschaft entsprechenden Herangehensweise, in der Gestaltung und Auswahl der Pflanzen.
Wir verstehen uns als Anlaufstelle für weitere Future Food Pioniere.


Als Koch oder Köchin bei Gugumuck kannst du tolle Gerichte, wie diesen Gaumenschmaus, zaubern (Bild: Gugumuck Schneckenmanufaktur).

Ihr bietet euren Kund*innen die Möglichkeit, die leeren Gläser eurer Produkte wieder zurück zum Hof zu bringen. Welcher Gedanke steckt dahinter?

Unser Ziel ist es, die Ressourceneinsparungen in Landwirtschaft und Manufaktur laufend zu verbessern und so nachhaltig wie möglich zu handeln.
Da wir im Zuge unserer Nachhaltigkeitsbewertung feststellten, dass die ÖKO-Bilanz von Glas Recycling nicht das Beste ist, möchten wir unseren Kund*innen die Möglichkeit geben, uns die leeren Gläser zurückzubringen. Als nachhaltiges Dankeschön gibt es schöne Schneckenhäuser!

Eine Frage für die JOBVERDE.at-Community: Sucht ihr derzeit neue Mitarbeiter*innen und wenn ja, was ist euch bei Bewerber*innen wichtig?
Wir suchen aktuell eine*n Koch*Köchin für unsere nachhaltige Farm2Table Küche!
Wir setzen auf ein authentisches Farm 2 Table Konzept aus der eigenen Landwirtschaft, ergänzt mit den Lebensmittel unserer Wiener-Stadt-Landwirtschaftspartner. Von Botanical Cocktails (inkl. Tonic Water, Gin, Kombucha und Kräuterlimonade) bis hin zu geräucherten Schnecken finden sich viele Köstlichkeiten von unserem Feld bei unseren Gala Dinner, Events und in der Gartenbar.
Unser Angebot:

  • Voll- und Teilzeit möglich (je nach Lebenssituation)
  • 3-5 Arbeitstage die Woche
  • Entlohnung nach KV ggf. mit Überzahlung je Qualifikation nach Absprache – anteiliges Trinkgeld

Bewerbung per Mail an: Andreas Gugumuck – office@gugumuck.at

Vielen herzlichen Dank für das Interview, lieber Andreas!

Dir schwebt nun auch noch eine Frage im Kopf herum, die du gerne an die Gugumuck Schneckenmanufaktur stellen möchtest?

Dann schreib sie in die Kommentare. Wir freuen uns auf den Austausch mit dir!

Und wenn du noch mehr Lust auf spannenden Content hast, dann schau mal in unserer Rubrik nachhaltige Arbeitgeber in Österreich nach.

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